Dienstag, 7. August 2007

Finanzspritze

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Finanzspritze
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Mir ist gerade extrem schlecht. Das liegt daran, dass das Blaue Haus soeben angekuendigt hat, dass es vom 28. bis 30. August ein Gipfeltreffen zwischen Roh und Kim Jong-il in Pyongyang geben werde.
Warum mir nun schlecht ist, ist doch eine tolle Sache, wenn sie sich treffen?!
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1. Wer ernsthaft glaubt, dass das ohne Geldfluss zustande gekommen ist, den lache ich aus. Und ich rede nicht von Uebernachtungskosten. Hier wird dem maroden Regime wieder durch dunkle Kanaele unkontrolliert Devisenkraft gegeben.
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2. Der Grund fuer diese Devisenspritze ist einzig und allein die Imagekorrektur Rohs, der ansonsten als der wohl unfaehigste Praesident der Geschichte eingehen wuerde und noch viel schlimmer - wahrscheinlich nicht mal als das von ihr erinnert werden wuerde, da es in seiner Amtszeit so gut wie keine bedeutsamen Ereignisse gab. Deshalb muss jetzt ein Treffen mit Kim wieder her.
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3. Das Treffen ist darueber hinaus sinnlos. Es wird nichts sinnvolles beschlossen werden. Das war auch schon beim ersten Gipfeltreffen so, einige wirklich greifbare Ergebnisse mal ausgenommen.
Hauptsaechlich wird es ein Fototermin werden, der den suedkoreanischen Steuerzahler hunderte Millionen Dollar kosten wird, denn ich denke nicht, dass der Preis fuer diesen Fototermin inzwischen deutlich gesunken ist.
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4. Selbst wenn etwas beschlossen werden sollte, heisst das noch lange nicht, dass der Norden sich daran halten wird. Ende August ist genau die perfekte Zeit leere Versprechen zu machen, sie vom Ausgang der Wahlen im Sueden abhaengig zu machen und dem neuen Praesidenten dann sowieso um die Ohren zu hauen.
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5. Ganz realpolitisch ist das der innenpolitische Coup, den ich befuerchtet habe. Das politisch fast totgeglaubte, aber in der Gesellschaft immer noch vor sich hin wabernde Gefuehl, dass es was Gutes ist dem Norden in den Arsch zu kriechen, wird wieder froehlich ueberall vernehmbar sein. Die linke Hankyoreh wird von der historischen Chance zur Wiedervereinigung reden und das ganze Land im Freudentaumel.
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6. Ausser der Opposition, die einem Gipfeltreffen mit Kim schon aus finanziellen Gruenden nichts entgegen setzen kann. Hinzu kommt, dass selbst die neue, sehr differenzierte Nordkoreapolitik der Hannara nichts gegen ein echtes Gipfeltreffen mit Toast, Liedersingen und Haendeschuetteln ist.
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7. Das ist somit auch die groesste Gefahr des Gipfels: Eine Wiederbelebung der linken Motivation rund um das froehliche linke Gedankenkonstrukt "nordkoreanischer Bruderstaat". Warum stimmt Kim Jong-il erst heute, 7 Jahre nach dem ersten Treffen einem erneuten Treffen zu? Warum findet es etwas mehr als eine Woche nach der Kandidatenwahl in der Hannara statt? Warum so kurz vor dem eigentlichen Wahlkampf? Na, klingelts? Wer meint, dass der Norden kein Interesse am Wahlkampf hat, der lese bitte die aggressiven Artikel in der Nodong Sinmun durch, die ernsthafte Konsequenzen androhen, falls die Hannara an die Macht kommt.
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8. Nicht zuletzt sendet es ein schlechtes Signal in die Welt und noch viel schlimmer - gerade nach Nordkorea. In den nordkoreanischen Medien wird eine Reise nach Pyeongyang 100% wie ein Tributbesuch dargestellt werden. Die nordkoreanischen Medien koennen nicht mehr verschweigen, dass Suedkorea reich ist, aber sie zielen darauf dem Norden klar zu machen, dass der Preis dafuer ein innerer Konflikt ist, viel Leid und keine Leitfiguren. Deshalb pilgert Roh nach Pyeongyang, um den wahren Fuehrer des koreanischen Volkes zu treffen. Und so ganz unrecht haben die Medien in Nordkorea damit ja auch nicht.
Warum trifft man sich, wenn schon nicht im Ausland, dann nicht wenigstens in Panmunjeom oder Gaeseong? Pyeongyang ist ein Wallfahrtsort und jeder Besuch dort ist ein Theaterstueck fuer den Kimismus. Panmunjeom haette ein Zeichen gesetzt, dass hier zwei gleichberechtigte Partner zu einem Arbeitstreffen zusammenkommen.
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All dies zusammen genommen, verursacht in mir groesste Bauchschmerzen. Geld wird verschleudert, Roh darf sich als etwas profilieren, dass er nicht ist und die vor sich hin modernde Leiche der linken Nordkorea-Ideologie wird wiederbelebt, zum Schaden des Machtwechsels, der meiner Meinung nach dies Mal noetig waere.
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Hoffentlich, und mehr als rational zu appellieren, bleibt mir nicht, hoffentlich sind die Koreaner schlau genug, um dieses Spiel zu durchschauen. Oder jemand zeigt ihnen die Rechnung fuers Treffen, das koennte auch helfen, denn wenns um Geld geht, sind sich links und rechts in Korea immer erstaunlich einig.
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Update 1 13:32 Uhr Ein hochrangiger Mitarbeiter des Blauen Hauses hat Spekulationen vieldeutig verneint, dass es finanzielle Hilfen fuer den Norden gegeben habe, um das Treffen zustande zu bringen. Die konservative Chosun Ilbo spricht von Dokumenten, nach denen Roh und Kim eine Art Pakt geschlossen haetten, der die Abschaffung des Nationalen Sicherheitsgesetz und einen Abzug der US-Truppen vorsieht. Und natuerlich zu verhindern, dass die Opposition die Macht bekommt.
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Update 13:36 Uhr Jetzt hab ich den Wortlaut des Nordens zur Opposition gefunden: "Die Machtergreifung der Hannara wuerde nicht als interne Angelegenheit Suedkoreas betrachtet" werden. Klartext: Wer Hannara waehlt, waehlt Krieg.
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Update 3:12 Uhr Das Zitat des Tages lieferte wieder einmal die Sprecherin der Hannara - man mag von der Partei halten, was man will, Frau Na trifft die Lage immer wieder auf den Kopf:
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``We are questioning why the government needs an inter-Korean summit meeting four months before the presidential election. The event is not timely; the decision-making process is flawed and the venue is inadequate,'' Na Kyung-won, the party's spokeswoman, said.Ill-prepared talks are rarely seen to bring about tangible results, she added.
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3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

oh man, bei mir dreht sich auch schon alles... politik ist doch immer wieder der gleiche kack... hmpf, dummerweise geht es nicht ohne. jan, lass uns koreanische staatsbuerger werden. du wirst praesident und ich werd finanzminister, das duerfte ne gute kombo werden :)

Anonym hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Gomdori@KU hat gesagt…

reicht schon, wenn die 386er Mal fuern paar Jahre Zeit haben fern aller Aemter und Machtpositionen drueber nachzudenken, was fuer einen Weg sie von Kaempfern gegen eine Entwicklungsdiktatur zu Unterstuetzern und Anbetern einer absolutistischen Diktatur mit Konzentrationslagern zurueckgelegt haben. Vielleicht geht einigen liberalen in der Hannara und einigen liberalen bei den Linken dann ein Lichtlein auf und es gibt ne Partei, auf die man vorbehaltlos setzen kann..

Das waere dann wohl die erste in Asien :D