Mittwoch, 10. Dezember 2008

Politische Lage Ende 2008

Wie sieht es politisch aus im Staate Korea, nun da das alte Jahr zuende geht. Das erste seit 10 Jahren, in dem wir einen konservativen Präsidenten und eine überwältigende konservative Mehrheit im Parlament haben?
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Die Linken
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Die Linken sind zersplittert wie eh und je, nein genau genommen noch mehr. Das einzige Thema, bei dem man sich einig war, war der Fakt, dass die bösen nordkoreanischen Flüchtlinge aufhören sollten, Flugblätter in den Norden zu schicken. Die Sonnenscheinpolitik ist noch immer ein unantastbares Gut und gemeinsam mit Kim Dae-jung badete man in den Nachrichten, die die Delegation der Nodong-dang aus Pyeongyang mitgebracht hatte.
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Ansonsten ging und geht es drunter und drüber. Der neue Vorsitzende der Demokratischen Partei möchte sich als konstruktive Opposition etablieren, was er auch durchaus ernsthaft unter Beweis gestellt hat. Nur möchte das ein Großteil seiner Partei und die Mehrheit der verbliebenen Wählerschaft nicht. Totalopposition wie bei der Nodong-dang ist auch viel viel einfacher. Rumschreien, Ausschusssitzungen blockieren, mit Flaschen werfen und ähnliches garantiert eben, dass man in die Nachrichten kommt und da war der neue Nodong-dang-Vorsitzende Gang Gi-gap in den letzten Wochen deutlich mehr als alle Vertreter der DP zusammengenommen.
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Naja, zugegeben, die Visage von Lee eignet sich auch perfekt, um seine verängstigten und marginalisierten Anhänger zum Kampf gegen den erstarkenden Faschismus und für die Wiedervereinigung aufzurufen. Befreundete Demokratiekämpfer von mir, die sich damit abgefunden haben, dass Konservative auch nur "andere Demokraten" und keine Faschisten sind, lachen zwar über die Generation, die nie Tränengas in die Augen bekommen hat, aber bei den jetzigen Demos meint das Abrutschen des Landes in einen Hitler-Staat zu verhindern, aber das ist nun mal die gesellschaftliche Realität auf beiden Seiten: Die eine Hälfte des Volkes hält die andere für Faschisten, die andere die andere Hälfte für Kommunisten. Beide treffen sie bei 5-10% des Teils der anderen ins Schwarze, bei mehr aber auch nicht. Und Lee ist kein Faschist. Lee ist ein schlechter konservativer Politiker. Das ist etwas anderes.
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Die letzte Hoffnung, die ich für die Linken gehabt hatte, nämlich eine liberale Großstadt-Intellektuellenpartei aufzubauen, ist im Keim gescheitert. Moon wurde verknackt und wird seinen Sitz verlieren. Einer von den drei Abgeordneten ist damit noch übrig und ohne Moon kann man die Partei vergessen. Wieder Mal ein hoffnungsvolles Talent an der Realität der koreanischen Politik gescheitert. Ich glaube übrigens fest daran, dass Moon das Ganze nicht so gedreht hat wie es im Urteil steht. Unschuldig ist er nicht, aber korrupt genauso wenig. Schwierig schwierig. Wie auch immer, auch ohne das Urteil hat er sich unfähig als Politiker gezeigt und somit wird man ihn wohl wenig in der Nationalversammlung vermissen.
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Allgemein zeigt sich bei den Linken eine ambivalente Mischung. Es driften nicht das Rechts und Links im Parteienspektrum auseinander, sondern innerhalb des linken Spektrums teilt sich noch stärker als früher die ohnehin kleine Wählerbasis in die Nostalgiker, die sich nach den großen Errungenschaften der Kim-Roh-Jahre zurücksehnen und sogar noch Rohs korrupten Bruder verteidigen und in Kim Jong Il immer noch einen verlässlichen Partner sehen; auf der anderen Seite diejenigen, die sehen, wie die Hannara-dang es geschafft hat, sich von einer strikt konservativen Staatspartei zumindest in Teilen zu einer modernen Großstadtpartei zu wandeln.
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Die Rechten
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Die Seonjin-dang (LFP) ist für mich eine der Überraschungen überhaupt. Hatte sie doch recht komisch gestartet, nämlich mit einer taktischen Allianz mit Moons Partei, um Fraktionsstatus zu erhalten, gibt es jetzt doch eine Menge von der Partei zu hören.
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Lee Hoi-chang ist wirklich aktiv in der Politik geblieben, die Fraktion ist ziemlich geschlossen und die Sprecherin der Fraktion ist sehr aktiv. Ganz überraschend haben sie auch ein klares Programm, das zwar unglaublich konservativ ist und wohl höchstens noch auf dem Land vorhandene Realitäten anspricht - aber so etwas ist nötig und es verletzt im Gegensatz zum Verhalten der Nodong-dang keine Gesetze der Republik Korea.
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Die Hannara-dang ist mit ihrem Vorsitzenden Park Hui-tae ein wenig orientierungslos zwischen Abgrenzung von Lee und Anlehnung. Allgemein ist sie dabei eine recht verlässliche Regierungspartei und schwimmt so vor sich hin, da es keine ernstzunehmende Konkurrenz gibt.
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Die einzige Konkurrenz kommt aus der eigenen Partei, wobei sich Park Geun-hye hier noch immer zurückhält. Immer wieder Mal kommen Vorschläge sie zur Sonderbotschafterin für Nordkorea zu machen, zur Premierministerin oder sonstwas, was ein wenig positive Publicity für Partei und Regierung bringen könnte. Nichts davon ist eingetreten und Park hält sich auch weiterhin aus der Regierungspolitik raus. In der Zwischenzeit profiliert sich weiter als Bildungs- und Sozialpolitikerin, tingelt durchs ganze Land, heimst Preise ein und wird immer und immer beliebter. Doch was davon ist Sympathie, was handfeste politische Macht - Beliebt war Park immer, zwar selten so wie im Moment, aber auch jetzt übernimmt sie in keiner Art Verantwortung für nationale Politik.
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So sind die Konflikte innerhalb der Regierungspartei noch lange nicht gelöst. Wie und inwiefern sie sich überhaupt lösen lassen, wird die Zeit zeigen müssen. Im Moment ist die Spannung raus, da sich das ganze Land auf die Politik der Regierung an sich konzentriert und alle Konservativen das Ziel eint, diesen Präsidenten so gut wie möglich aussehen zu lassen, damit man dann in einigen Jahren überhaupt eine realistische Chance hat, das Cheong Wa Dae zu verteidigen.
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Eine Kabinettsumbildung wäre allerdings wirklich einmal angebracht. Kang Man-su ist Inkompetenz in Person; dieser Wirtschaftsminister ist gerade dabei das Land zum zweiten Mal in die Scheisse zu reiten. Sicher, die Wirtschaftskrise ist auf der ganzen Welt in vollem Gange, Korea mit seiner exportgestützten Wirtschaftsstrategie kann einfach davon nicht abgekoppelt sein, aber ein Großteil der Krise ist psychologisch. Wer Vertrauen aufbauen kann, der gewinnt. Wer rumlaviert, sich widerspricht und leere Versprechen abgibt, der verliert Vertrauen, Investoren und Geld. Kang ist Meister in dieser Disziplin.
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So kann man den Konservativen nicht den Vorwurf machen, die Krise ausgelöst zu haben, aber man muss sich fragen, warum ein Kabinett voller echter und selbsternannter Wirtschaftsexperten nicht eine einfache Strategie auf den Tisch kriegt. Die Voraussetzungen sind da; ein Einsparungs- und leidensbereites Volk, eine überwältigend wirtschaftsfreundliche Nationalversammlung und ein Ex-Manager als Präsident - und passieren tut nichts.
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