Mittwoch, 24. Juni 2009

Lupenreine Demokraten

Die Demokratie ist ja tot, wie wir wissen. Es wird einem ja in Korea von jeder Straßenecke entgegengeschrien. Im Zweifelsfalle kann man auch im Parlament älteren Herren zuschauen, wie sie eine Mehrheitsentscheidung des Parlaments behindern, weil Mehrheitsentscheidungen unfair sind. Oppositionspolitiker bereiten sich übrigens gerade auf den Tod vor (!), um die Demokratie zu verteidigen. Dabei sind die einzigen beiden wirklich schweren Verletzungen in der Politikszene der letzten Jahre zwei konservativen Politikerinnen zugefügt worden.
.
Jedenfalls halten die Abgeordneten der Minnodang, also der extremen Linken in Korea, eine Mahnwache am Deoksugung ab. Und dort sitzt auch deren Chef, Kang Gi-gap. Also dachte ich mir Mal, gehen wir hin und diskutieren ein wenig. Diskutieren und Argumentieren, das sind ja zwei Grundelemente der Demokratie, möchte man meinen.
.
Mit mir meinte er jedoch auch auf mehrmaliges Fragen hin nicht sprechen zu wollen. Dies änderte sich als ich vorgab, dass ich Journalist wäre und für eine ausländische Zeitung über die Proteste schreibe.
.
Da wurde Herr Kang dann ganz euphorisch und begann über die Diktatur zu schimpfen, darüber dass es nur in Korea verboten sei, friedlich zu demonstrieren und man überhaupt nicht seine Meinung sagen könne, weil der Präsident undemokratisch sei.
.
Daraufhin fragte ich, was wir denn hier gerade machen würden.
.
Daraufhin sagte er, dass das was anderes sei, weil er ja Parlamentsmitglied sei (nebenan saßen übrigens einige dutzend Nicht-Parlamentsmitglieder mit ihren Kerzen) und dass man durch das massive Polizeiaufgebot (auf beiden Seiten des Platzes waren es etwa 20 Polizisten) ganz eingeschüchtert sei.
.
Ich konnte kaum noch, weil mir bewusst wurde, dass dieser Mann tatsächlich Vorsitzender einer einflussreichen Partei in Korea ist.
.
Dann kam er auf Deutschland zu sprechen. In Deutschland dürfen alle Leute demonstrieren, egal, wann und wo.
.
Ich erzählte ihm, dass man in Deutschland Demonstrationen anmelden müsse und wenn diese gewalttätig werden, greife auch in Deutschland die Polizei ein. Ich erklärte ihm, was ein "1. Mai in Berlin" ist.
.
Er sagte, ich denke mir das aus und ich sei schon ganz eingelullt von der Propaganda Lee Myeong-baks.
.
Und dann erzählte er vom Iran. Er verglich den Kampf gegne Lee tatsächlich mit dem gegen Ahmedinedschad. "Aber Ahmedinedschad hat sein Land wenigstens gestärkt, Lee schwächt uns". Und dann konnte ich nicht mehr und ging weg.
.
So viel Hirnwäsche geht ja echt nicht mehr.
.
Eigentlich wollte ich das ja gar nicht schreiben, aber als ich heute in der Zeitung las wie ein paar Demonstranten der koreanischen Gewerkschaft beim OECD-Gipfel doch sehr unsanft von der Polizei abgeführt wurden, weil sie die Sitzung gestört hatten, da fiel mir das wieder ein.
.
Ob die tatsächlich dachten, dass man in Europa jeden Scheiss in jeder Form, jederzeit sagen darf? Wenn das so ist, dann ist Korea tatsächlich keine Demokratie.
.

Keine Kommentare: