Dienstag, 7. April 2009

First Lady

"First" Lady bekommt im Moment in Korea einen ganz faden Beigeschmack. Heute hat sich Ex-Präsident Roh Moo-hyun wegen Korruption quasi selbst angezeigt. Dass dies nicht unerhebliche Schockwellen selbst durch die krisenerprobte und -gewoehnte koreanische Politikszene schickt, versteht sich von selbst.
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Parks Liste
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Alles dreht sich in Yeouido seit Wochen um die ominöse Park-Yeon-cha-Liste, eine m.W. noch immer fiktive Liste, auf der die Namen von Politikern stehen sollen, die dieser äußerst aktive Geschäftsmann mit jeweils 500.000.000 Won bestochen haben soll. Das interessante ist, dass es hierbei durch alle Parteien und Regionen quer geht. Eine konkrete politische Zielsetzung hatte das ganze nicht, es ging nur um Einflussicherung: Als die Linken an der Regierung waren, gab es Geld für die Linken, als klar war, dass die Linken abgewirtschaftet haben, gab es schließlich Geld für die Konservativen. Neue Talente wie Park Jin, alte Kader aus dem Südosten, die Park Geun-hye nahe stehen sind ebenso betroffen wie Lokalpolitiker aus Jeolla und nun eben die ehemalige First Lady, der bis jetzt größte Fang im Netz der Staatsanwaltschaft.
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Lees Rache?
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Natürlich werden Stimmen laut, dass dies ein politischer Prozeß ist, in dem sich die Lee-Fraktion nun von den innerparteilichen Park-Funktionären und den Schatten der Vorgängerregierung befreien möchte - wieviel daran wahr ist, vermag ich kaum zu bezweifeln, aber wie bei allen Verschwörungstheorien: Wenn es plausibel klingt, dann mag bereits ein Fünkchen Wahrheit dran sein.
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Frau Kwon - Naiv oder einfach nur dreist?
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Die nächsten Tage werden zeigen, wie tief der ehemalige Präsident in die ganze Angelegenheit verstrickt ist.
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Das Eingeständnis jetzt ist bemerkenswert, wobei hier klar unterschieden werden muss: Hat er es getan, weil er gesteckt bekommen hat, dass es eh rauskommen würde oder hat er es getan, weil es ihn ehrlich bewegt hat und er reinen Tisch machen wollte? Ich halte Roh an sich für einen integren bis naiven Mann, der oft das getan hat, was ihm gerade als richtig erschien, egal welche Konsequenzen es hatte. Daher würde ich zweiteres nicht von vorn herein ausschließen wollen.
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Frau Kwon, die First Lady, die nun die erste erste Dame Koreas sein wird, die sich vor der Staatsanwaltschaft zu verantworten hat und eventuell sogar angeklagt wird, die halte ich einfach nur noch für im besten Fall so unglaublich naiv, dass allein das bestraft gehört.
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Mein Mann ist Präsident einer jungen Demokratie; er wurde gewählt als neues Gegenbild zu alten Eliten, als frische Kraft mit Charisma und Integrität. Was mache ich also als First Lady? Ich nehme von einem ominösen Geschäftsmann gleich zwei Mal (!) je 500.000.000 Won privat entgegen. Und das kommt mir dann gar nicht komisch vor? Da sind einfach Mal mehr als eine halbe Million Euro. Nicht, dass die Summe jetzt so wichtig wäre, aber es ist schon ein Unterschied für das Unrechtsbewusstsein, ob mich der Geschäftsmann Mal zu nem Segeltrip auf seine teure Yacht einlädt oder ob er mir ne halbe Million Euro zusteckt.
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Politisches Erdbeben
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Die Reaktionen im politischen Korea schwanken dementsprechend auch noch zwischen ungläubigem Staunen, Ratlosigkeit und der Frage nach dem "warum". Die Linken, insbesondere im Vorfeld der Nachwahlen Ende April, sind fassungslos und geben so gut wie keine Kommentare ab. Keine Verteidigung, keine Verurteilung, einfach nur fassungslose Gesichter. Die Hannaradang, wohlwissend dass Frau Kwon nicht die letzte auf der Liste von Herrn Park war, hat sich auffällig zurückgehalten und nur die Jayuseonjindang war sehr deutlich in ihrer Kritik an Roh.
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Man darf nicht vergessen: Sollte rauskommen, dass Roh während seiner Amtszeit von den Zahlungen gewusst hat, was durchaus wahrscheinlich ist, dann könnte es im krassesten Falle so aussehen, dass sowohl Roh als auch seine Frau schlicht und einfach in den Knast wandern.
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Sicher, mir sind unfähige, bestechliche Ex-Präsidenten immer noch lieber als Ex-Präsidenten, die unfähig, bestechlich und Massenmörder sind - aber gerade gemessen an den hohen Ansprüchen an sich selbst und seine Regierung, die Roh immer propagiert hat, dürfte der jetzige Fall große Auswirkungen auf die Bewertung der gesamten Zeit haben. Spannende Wochen liegen vor uns, übrigens nicht nur wegen Roh selbst.
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Bei den Nachwahlen kandidieren meine Lieblingslinke, die ehemalige Premierministerin Han Myeong-suk und nicht zuletzt will es auch Rohs Chefideologe Jeong Dong-yeong noch einmal versuchen; nachdem ihm die Nominierung der DP verweigert wurde, wahrscheinlich als Unabhängiger - auf beide Rennen könnte die laufende Roh-Affäre immense Auswirkungen haben, sind beide doch zentrale Figuren im System Roh gewesen.
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