Dienstag, 2. März 2010

The Kangster & 전요오크

Der Spitzname von Kang Gi-gap unter konservativen Freunden und Expats ist "The Kangster".
Kang ist alles, woran Linke glauben moechten: Anti-elitär, anti-kapitalistisch, anti-amerikanisch. Er ist eigentlich gegen alles, vor allem gegen das Establishment, gegen die Besitzhabenden. Das macht ihn sympathisch. Er pflegt sein Image des einfachen Bauern, der für den Respekt kämpft, der ihm und den einfachen Bürgern zusteht. Deshalb auch der Hanbok. Ich weiß aus sehr sicherer Quelle, dass der Hanbok auch nur ein Image-Mittel bei ihm ist. Er trägt ihn gern und richtig, aber er gehört ebenso zur Imagepflege wie die Frisur von Park Geun-hye.
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Also kämpf Kang, Retter der Entrechteten, im Zentrum des Bösen, in der Festung des Kapitals gegen die Volksfeinde. Er kämpft allerdings ebenso ohne Regeln, ebenso undemokratisch und ebenso an den wahren Problemen vorbei, wie diejenigen, die er bekämpft. Er ist bei weitem ideologischer, extremistischer und unnachgiebiger als diejenigen, die er bekämpft, er kennt keine Grautöne, nur das, woran er glaubt. Und dann wundert er sich, dass er ins Leere läuft. Ein wunderbares Porträt dieser schillerndsten Persönlichkeit der koreanischen Politik ist jetzt in einer amerikanischen Zeitung erschienen. Beim Erzfeind, ausgerechnet.
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Warum ich schon wieder von Kang schreibe?
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Ich habe heute Jeong Mong-jun, den FIFA-Vizepräsidenten, Hyundai-Erben und Chef der Regierungspartei Hannara getroffen. Allein diese Ämterkombination sagt schon eine Menge über koreanische Politik und Gesellschaft aus. Und ich war geschockt. Das unsichere Auftreten, dieses zögernde, ungelenke in seinen Worten hat mich heute total fasziniert. Er hat völlig gekuscht, und zwar vor einer Frau, die ihm ungefähr bis zum Nabel geht.
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Jeong stand im Aufzug mit mir und Jeon Yeo-ok, der ehemaligen Parteisprecherin der Hannara und konservativen (ausnahmsweise würde ich hier sogar rechtskonservativ, reaktionär als treffend bezeichnen) Bulldogge. Offiziell ist Jeon heute einfache Abgeordnete, Autorin und Kolumnistin. Dass sie aber so dicke mit Jeong zusammenkluckt hätte mich eigentlich nicht überraschen sollen. Überraschen sollen hätte mich, dass nicht auch noch Lee Jae-oh mit von der Partie war. Jedenfalls schien die Baggage sich im Fahrstuhl mit mir unbeobachtet zu fühlen. Ich denke es gibt nicht viele Ausländer, die diese Kombi erkennen.
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Also ging Jeon Jeong richtig an, kaum dass die Fahrstuhltüre zu waren. Dass er vernünftig reden solle, wo doch alle im Moment wegen Sejong-Stadt so aufgeregt seien. Man müsse vernünftig an die wichtigen Leute ran und dürfe nicht nur Small Talk halten. Jeong antwortete wie ein Schulkind immer nur demütig nickend, ab und zu ein "Ja". Während sie ihn zusammenfaltete, gab sie noch seinem und ihrem Bodyguard/Sekretär (so genau hab ich das nicht mitbekommen) detaillierte Anweisungen, wie jetzt alles zu laufen habe, wie man zum nächsten Termin zu kommen habe, wer noch angerufen werden müsse. Sie hatte dabei eine unglaubliche Routine und Abgebrühtheit. Alles spielte sich in 20 Sekunden ab, während einer Fahrstuhlfahrt, die mir wie eine Ewigkeit vorkam. Es war als wäre ich mit dem Teufel persönlich im Aufzug, Jeong Mong-joon, der mächtige Jeong nur ihre Marionette, die Seele verkauft.
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Da kam mir wieder Kang in den Sinn. Wenn man die Wahl hat zwischen einer hoch professionellen rechtskonservativen Schreckschraube und einem höchst unprofessionellen Sozialromantiker - wie verständlich sind dann Wahlbeteiligungen von 40%. Und auch wenn der Instinkt sich vielleicht für Kang entscheiden mag, was viele bei der Wahl zwischen Kang und Jeon machen würden, weiterbringen tut beides das Land nicht.
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