Freitag, 21. März 2008

08 Chongseon: Erste Vorschau

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08 Chongseon: Erste Vorschau
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Das Rennen um die Parlamentssitze in knapp 3 Wochen hat einige Spannungen zu bieten und ich versuche an dieser Stelle einmal ein wenig Ordnung in das ganze Gewirr zu bringen.
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Parteien
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Bevor das ganze Theater um die Nominierung der Kandidaten losging, war das Parteienspektrum schon aufgesplittert, doch jetzt geht es wirklich rund. Kandidieren werden dementsprechend:
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In Klammern gebe ich das aktuelle Umfrageergebnis wieder, was aber nichts auszusagen hat, da Parteien wie die Jinbosindang und die Pro-Park-Kraefte hauptsaechlich ueber Personen stark sind und als Parteien nicht allzu bekannt sind. Die Umfrageergebnisse geben daher nur sehr ungefaehre Werte wieder - sie sind nur als allgemeine Grundinfo zu betrachten.
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Konservative Seite:
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Hannaradang (Grosse Nationalpartei) 48.9%
Jayuseonjindang (Freiheitliche Fortschrittspartei) 6.6%
Miraehangukdang (Koreanische Zukunftspartei) 0.2%
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Alle diese Parteien werden von Politikern gefuehrt, die ehemals dem grossen konservativen Sammelbecken Hannaradang angehoerten. Waehrend sich die Jayudang bereits im Praesidentschaftswahlkampf wegen der moralischen Verfehlungen Lee MBs absetzte, ist die Miraedang eine neue Partei, die den Untertitel "Pro-Park-Union" fuehrt und einzig und allein aus Mitgliedern zusammengesetzt ist, die Park Geun-hye unterstuetzen und den Umgang Lees und der Partei mit den Park-Loyalen nicht gutheissen. Sie haben sich zu einer neuen Partei zusammengefunden. Zudem kandidieren eine Menge Kandidaten als Unabhaengige. Im Falle des engen Vertrauten Parks, Herrn Kim Mu-seong, sogar sehr erfolgreich.
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Linke
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Tonghabminjudang (Vereinte Demokratische Partei) 20.0%
Minjunodongdang (Demokratische Arbeiterpartei) 3.5%
Changjohangukdang (Partei Kreatives Korea) 1.0%
Jinbosindang (Neue Fortschrittliche Partei) 1.2%
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Auch die "Opposition" wird mit Sohn von einem ehemaligen hochrangigen Funktionaer der Konservativen gefuehrt und schafft es jetzt nach der Aera Roh einige vergraulte Linke wieder ins eigene Lager zurueckzuholen. In der Minjunodongdang haben sich nach der Spaltung die Pro-Nordkoreaner durchgesetzt. Die "aufrechten" Sozialisten um No Hoe-chan sind in der Jinbosindang organisiert. Die Changjodang von Mun Guk-hyeon erfreut sich wachsender Beliebtheit. Insbesondere Mun selbst, wie ich im Folgenden zeige werde.
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Matdaegyeol (Direkte Aufeinandertreffen)
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Auch bei diesen Wahlen gibt es einige interessante Duelle zwischen hochrangigen Politikern in Wahlkreisen. Man muss sich die folgenden Duelle etwa so vorstellen wie "Stoiber gegen Muentefering", "Beck gegen Wulff" etc.
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Seoul, Eunpyeong-eul
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Hier treffen Mun Guk-hyeon, Praesidentschaftskandidat der Changjodang und der Lee-Vertraute Lee Jae-oh aufeinander. Lee ist ziemlich der unbeliebteste Politiker Koreas und Mun einer der beliebtesten. So kommt es, dass trotz einer Parteienstaerke von 1% gegen 49% und der Vereinigung aller Kraefte gegen Lee unser aller Mun mit gut 10% vorne liegt (44:34).
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Seoul, Dongjak-eul
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Hier treffen der unterlegene Praesidentschaftskandidat und ehemalige Wiedervereinigungsminister Jeong Dong-yeong und Hyundai-Erbe, Fifa-Vize und Hannara-Vize Jeong Mong-jun aufeinander. Und Hyundai-Jeong liegt hier mit 49.3% zu 32.5% in den Umfragen klar vorne.
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Seoul, Jongno
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Der Wahlbezirk Jongno ist sowas wie DER Preis in den Parlamentswahlen, der prestigereichste Bezirk in ganz Korea mit Weltkulturerben, der Jongno, dem Amtssitz des Praesidenten etc. alle in dieser Miniatur ganz Koreas. Die Zukunftshoffnung der Hannara, Bak Jin, der auch schon vor 4 Jahren hier noch recht ueberraschend gewann, wird es den Umfragen nach schaffen gegen den amtierenden(!) Vorsitzenden der groessten Oppositionspartei, Sohn Hak-gyu, zu gewinnen (39.9% zu 30.1%).
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Seoul, Nowon
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In Nowon wird es noch komplizierter. Hier schickt die Demokratische Partei keinen eigenen Kandidaten, weil in Umfragen der recht beliebte Vorsitzende der "guten" Sozialisten, No Hoi-chan, knapp vor dem farblosen Hannara-Kandidaten liegt. Die Demokraten werden hier wohl keinen eigenen Kandidaten aufstellen. Auch dies koennte ein moeglicher Schlag ins Gesicht fuer die Hannara sein - von einem Kandidaten einer Partei, die landesweit nicht mal 1% hat, so gedemuetigt zu werden.
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Daegu, Seogu
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In Park Geun-hyes Heimatstadt Daegu kandidiert ihr Kampagnenchef und ehemalige Parlamentspraesident Hong Sa-deok gegen den amtierenden Parteivorsitzenden der Hannara-dang, Kang Jae-seop. Ein nicht nur politisch brisantes Rennen, sondern, so sagt man, auch eine ganz persoenliche Abrechnung Park Geun-hyes mit Kang, der nur durch ihre Hilfe so hoch aufsteigen konnte und sich dann von ihr immer mehr absetzte. Fuer dieses Rennen gibt es noch keinerlei Umfragen, aber es gilt als sicher, dass Park mit dem richtigen Einsatz Hong zum Sieg verhelfen kann. In Daegu wenden sich immer mehr Waehler von der Hannara ab und unterstuetzen Park persoenlich und somit auch "ihre" Kandidaten.
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Busan, Namgu
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Gleicher Hintergrund, aber andere formale Ausgangssituation in Busan, wo einer von Parks engsten Vertrauten, Kim Mu-seong, als Unabhaengiger kandidiert und vollkommen klar vor dem Hannara-Kandidaten liegt. All diese klaren Vorspruenge sollten ein Schlag ins Gesicht der Auswahlkommission der Hannara sein, die alte Schlachtroesser der Partei fallen liess, ohne zu bedenken, dass sie im Volk beliebt sind.
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Eine erste Analyse
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Die Kraefte um Lee Bang-ho und Lee Jae-oh in der Hannara haben den Bogen endgueltig ueberspannt. Sicher ist der Praesident noch recht beliebt und die Partei ist die einzig wirklich gut organisierte Partei des Landes. Sie wird die meisten Wahlkreise ohne Probleme holen.
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Doch ob es nach all den Querelen und Abspaltungen noch fuer eine klare absolute Mehrheit reicht, darf mehr als in Frage gestellt werden.
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Das koreanische Wahlrecht hat naemlich einige Besonderheiten durch die Kombination des Mehrheits- und Verhaeltniswahlrechts. Selbst wenn die Hannara also ueber 50% der Stimmen erhalten sollte, heisst dies noch lange nicht, dass sie auch die Mehrheit im Parlament hat.
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Wie in vielen koreanischen Zeitungen hingewiesen wird, sind die Kandidaten der Hannara in den meisten Faellen unbeliebter als die Partei und viele charismatische Alt- und Jungvordere, die die Partei verlassen haben, werden entweder in Pro-Park-Parteien oder formal unabhaengig kandidieren und der Hannara insbesondere im Suedosten einige schmerzliche Niederlagen bereiten koennen.
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Hinzu kommt, dass auch im Hauptstadtgebiet die Linken nicht mehr vollkommen unwaehlbar sind. Einige neuere Kandidaten der Demokraten, aber vor allem Mun Guk-hyeon zeigen, dass ein neuer Typus von Linken durchaus eine gute Alternative zur Hannara darstellt.
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Gleichzeitig kann die Demokratische Partei als solche keine Alternative zur Hannara auf nationaler Ebene werden, da auch in ihrem letzten Refugium, dem Suedwesten (Honam), viele Unabhaengige antreten werden und man nicht weiss, wie es hier ausgeht.
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Fazit
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Die Hannara wird mit Abstand die meisten Sitze und Stimmen erhalten, doch dahinter wird das Hauen und Stechen losgehen. Die Loyalisten von Park Geun-hye werden in vielen Formen und Farben in das Parlament einziehen und die Hannara wird nicht mehr das Monopol auf Konservatismus besitzen. VIel haengt wieder einmal davon ab, wie sich Park entscheidet. Sollte Park aus der Hannara doch noch austreten, so wird dies der Hannara sicher im Suedosten das Genick brechen koennen.
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Auch auf der Linken wird es noch bunter, noch vielfaeltiger. Was bleibt, ist also die Sicherheit, dass das neue Parlament mehr Gruppierungen, mehr Unabhaengige und wahrscheinlich noch mehr Kakophonie als in der letzten Legislatur sehen wird.
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