Montag, 1. September 2008

Die Herren Lee, Fukuda und Samak

Derzeit tut sich eine ganze Menge in asiatischer Politik. Das krisenhafte Element verstärkt sich in Japan, Korea und Thailand gleichermaßen und auch in Taiwan gibt es nach wie vor ungelöste Konflikte.

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Erst heute, in einer von der Welt gar nicht groß zur Kenntnis genommenen Randnotiz, trat der Premierminister der zweitgrößten Wirtschaftsmacht der Welt, Yasuo Fukuda, zurück und bat wie es Sitte ist, die LDP einen Nachfolger zu wählen. Wie in Japan üblich geht der Übergang von einem LDP-MP zum nächsten schön ruhig vonstatten. Dass das japanische System zwar stabil, aber keineswegs eine Demokratie ist, wie man sich das in Europa vorstellt, muss kaum noch erwähnt werden.
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In Thailand belagern Demonstranten das Regierungsviertel und niemand fühlt sich zuständig. Die Regierung versteckt sich, der ach so geliebte Herr König macht Badeurlaub, ja nicht mal das Militär will noch die Drecksarbeit verrichten und für Ordnung sorgen. Thailands Institutionen, sollten sie je funktioniert haben, brechen gerade zusammen. So wenig man Samak leiden muss, er ist in meinen Augen genauso korrupt wie Thaksin, so erschreckend ist doch, dass in so einem nach außen hin für viele attraktiven Land mit so viel Potential die grundlegenden Elemente einer Staatsordnung dysfunktional sind. Aber davon bekommt man natürlich nichts mit, außer wenn Horst Schmidt gerade in Phuket auf dem Flughafen festsitzt, wegen Generalstreiks.
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Und Herr Lee? Herr Lee hatte im Gegensatz zu Herrn Fukuda wenigstens durch Olympia eine Verschnaufpause, die er genutzt hat, um die größten Steuersenkungen der koreanischen Geschichte auszuhecken. Die ohnehin niedrigen Steuersätze werden im Falle des Eingangssteuersatzes von 8 auf 6% gesenkt, der Spitzensteuersatz von 35 auf 33%. Wie es sich auswirkt, wird man sehen müssen. Den Realismus von Lee sieht man auch bei etwas anderem am Werk: Zum Tag der Befreiung hatte Lee einen Haufen Wirtschaftsbosse auf freien Fuß gesetzt, was viele (zurecht) hat aufschreien lassen. Wie das in Korea aber nun einmal ist, halten "die da oben" zusammen; trotz schwächelnder Wirtschaft haben genau die Firmen, deren Bosse amnestiert wurden, riesige Beschäftigungsprogramme initiiert, insbesondere für junge Leute.
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Man kann sagen was man will, aber so wenig Lee einen politischen Instinkt hat - wenn er meint irgendwo wirtschaftlich was rausholen zu können, dann macht er das, egal was kommt.
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Womit nicht gesagt ist, dass jetzt alles rosig ist. Lees Weigerung sich für verschiedene anti-buddhistische Aktionen und Reden zu entschuldigen, zeigt, dass er gesellschaftspolitisch einen sehr unversöhnlichen Kurs fährt, der sogar den Religionsfrieden in Korea aus dem Gleichgewicht bringen könnte. Zum Thema der Religiösen Vielfalt habe ich eine Hausarbeit geschrieben, die ich jetzt hier nicht wiedergeben kann, aber nur so viel: Im modernen Korea war trotz der vielfältigen Bewegungen nach außen der Religionsfriede bis auf kurze Perioden immer recht stabil und auch wenn es darunter oft gebrodelt hat, die Regierungen - egal ob christlich oder buddhistisch - haben immer versucht ausgleichend zu sein. Diese gute Tradition Koreas hat Lee vollkommen aufgegeben und geht auf Konfrontation. Nach Chuseok haben die verschiedenen buddhistischen Organisationen zu Großdemos aufgerufen.
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Lee, so viel ist klar, wird nicht mehr klug, denn Lee ist Lee. Mit seiner Art ist er groß geworden und wenn er die Wirtschaft nicht hinbekommt, wird er mit seiner Art auch untergehen. Nach 5 Jahren. Das ist eben der Unterschied zwischen Korea und Thailand; in Korea gibt es Institutionen, die zwar auch nur leidlich funktionieren, deren Bestehen aber niemand in Frage stellen kann. Der Staat als solcher ist ein konsolodierter, auch wenn seine Institutionen selbst noch in den Kinderschuhen stecken und dementsprechend oft kränkeln. In Thailand haben wir Institutionen, die vollkommen dysfunktional sind und in Japan haben wir fast ausschließlich rein informelle Nebenstrukturen, die in sich wieder so erstarrt sind, dass zwar der Staat stabil bleibt, aber Reformen auch nicht möglich sind.
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Hoffen muss man für Korea, dass Lees Wirtschaftsprogramm, das jetzt nach etwa einem halben Jahr im Amt endlich Formen annimmt, auch funktioniert und Korea aus dem, was ich das "Krisenhafte" nenne, holt. Es ist nämlich in meinen Augen keine Krise, es sind nur eine Menge böser Indikatoren und schlechter Stimmung, die sich zu einer Krise auswachsen können, wenn nicht richtig reagiert wird.
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Dass Lee noch immer im Sattel sitzt, das hat er weniger dem Volk oder seinen Beratern zu verdanken, sondern einzig und allein den konsolidierten Institutionen des Landes. Die Ironie der Geschichte: Das Amtsenthebungsverfahren gegen Roh, das von seiner Partei initiiert wurde, ist wohl für einige Zeit der mahnende Hinweis für die Opposition, dass man einen Präsidenten nicht einfach enthebt, nur weil er das Land in eine subjektiv falsche Richtung führt. Dies ist eine demokratische Lehre, die Länder wie Thailand noch vor sich haben und für die man ihnen nur Glück wünschen kann.
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3 Kommentare:

Jens-Olaf hat gesagt…

Taiwan, Taiwan ist unterschätzt. Eine veritable Demokratie. Und was mich umgehauen hat: Ein junges Pärchen, das in Mailand studiert, machten mir einmal deutlich, sie seien gar nicht an einem vereinigten China interessiert. Sie wollen Taiwanesen bleiben und wegen der Demokratie keine Kompromisse machen. Und sie sind Chinesen. Es geht also.

Gomdori@KU hat gesagt…

Leider, leider sind Menschen von diesem Schlag in Taiwan aber die Minderheit (inzwischen). Natuerlich liegt es nicht an der Nationalitaet, ob eine Nation Menschenrechte und Demokratie einfuehrt, sondern an den Umstaenden.

Anonym hat gesagt…

Logisch, natuerlich moechte die Mehrheit in Taiwan unabhängig bleiben...
Kennst du ueberhaupt Taiwaner?